Wenn sozial ist, was gerecht ist, dann sind die Entwicklungen im Bereich der Niedrigstlöhne zutiefst unsozial. Wenn im Jahr 2008 mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland für ihre Arbeit brutto weniger als sechs Euro pro Stunde erhielten, ist dies beschämend für eine Wirtschaftspolitik, die sich mit dem Label der „sozialen Marktwirtschaft“ schmückt. Es bleibt aber nicht bei den sechs Euro, denn die Entwicklung geht dahin, dass der untere Rand immer weiter ausfranst. Viele Menschen werden mit einem Lohn von 4,75 Euro oder gar 3,42 nach Hause geschickt. Dies belegen die Ergebnisse der Forscher des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen in ihrer neuesten Studie.
Von diesem Stundenlohn kann in Deutschland niemand leben. Es ist unsozial, diese Menschen nicht zu schützen und sie schutzlos denen auszuliefern, die sie schamlos ausnutzen. In vielen unserer europäischen Nachbarstaaten wäre dies nicht erlaubt.
Die Entwicklung der Löhne am unteren Rand der Lohnskala zeigt, wie wichtig die Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach einem gesetzlich geregelten, flächendeckenden Mindestlohn ist. Sie macht aber auch deutlich, dass alles Gerede von Tarifautonomie und Unternehmerverantwortung, mit dem man gegen eine Einführung eines gesetzlich geregelten Mindestlohnes an argumentiert, hohles Geschwätz ist, das bei den Betroffenen nur blanke Wut und höhnischen Zynismus zurücklässt.
Reinhard Seyer