Politik Live

Veröffentlicht am 06.08.2012 in Presse

Bericht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Ralf Kunert

Im Urlaub bei seinen Verwandten in Tschechien machte Kunert Erfahrungen, die ihm die   Wirkungen euroskeptischer Vorstellungen, wie sie auch auf der CDU - Euroveranstaltung in Rodgau vorgetragen  wurden, im Ausland deutlich machte.


Hier sein Bericht:
Zur Zeit befinde ich mich in Tschechien, um ein paar ruhige Tage mit meiner Familie und unserer Verwandtschaft zu verbringen. Trotzdem habe ich mich von meinem Schwager, der  hier auch kommunalpolitisch aktiv ist, überreden lassen, an einer kleinen spontanen Diskussionsrunde zum Thema "Euro und Fiskalpakt aus Sicht der Kommunen" mit hiesigen Kommunalpolitikern teilzunehmen. Mit dabei u.a.  Josef Bakaj, Bürgermeister von Hodice, einer 800- Seelen- Gemeinde bei Iglau.
 

    Als Hintergrund sollte man wissen, dass die Regierung in Prag den Beitritt in den Euroraum auf unabsehbare Zeit verschoben hat. Offizieller Sprachgebrauch nach meinem letzten Kenntnisstand 8-10 Jahre. Dennoch ist Tschechien als starkes Exportland selbstverständlich an einem stabilen Euro gelegen. Immerhin exportiert dieses Land rund 80% in den Euroraum. Daher auch letztlich der Spagat zur Zustimmung - wenn auch sehr zögerlich - zum Fiskalpakt. Zögerlich, obgleich Premierminister Necas bewusst ist, dass die Eurozone eine einheitliche Fiskal- und Wirtschaftspolitik benötigt. Führende Politiker fürchten allerdings, dass man sich mit dieser Zustimmung selbst unter Zugzwang gesetzt hat, dem Druck aus Brüssel doch noch nachzugeben.

Weiter muss man wissen, dass die Bevölkerung mittlerweile nur noch zu einem Drittel den Euro wünscht, im Übrigen weniger als die Hälfte der tschechischen Unternehmen.  Als Negativbeispiel sieht man hier unter anderem auch den strukturschwachen Nachbarn Slowakei, wo die Bevölkerung unter den Sparmaßnahmen erheblich leidet. Die sehr selbstbewusste Haltung der Tschechischen Regierung erklärt sich auch dadurch, dass man sich durchaus bewusst ist, einerseits die EU-Konvergenzkriterien zum Euroraum derzeit nicht zu erfüllen. Andererseits entwickele sich die Währungsunion hin zu einer Transfer- oder auch Schuldenunion.

Nachdem Tschechien sehr gut aus der Wirtschaftskrise heraus kam - auch dank der starken Konjunktur in Deutschland -, hat die anschließende Eurokrise und erlahmte Konjunkturdynamik im Euroraum auch Tschechiens Wirtschaft hart getroffen und die ursprünglich sehr guten Wachstumsprognosen deutlich verringert. Die Aussichten sind trotzdem nicht schlecht, betrachtet man beispielsweise den konsequenten Abbau des Budgetdefizits.

Vergleicht man aber das griechische und tschechische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung sowie die Kaufkraft, erklärt sich einmal mehr die tschechische Zurückhaltung. Griechenland ist soweit  von Tschechien nicht entfernt. Jedoch gibt es dramatische Unterschiede bei Löhnen und Renten. Der Mindestlohn in Tschechien liegt bei 320 Euro im Vergleich zu Griechenland, wo er bei 750 Euro liegt.

Auf kommunaler Ebene wird dies noch genauer beobachtet, da man hier naturgemäß enger an den Menschen dran ist. Auch hier gibt es durchaus Verfechter für einen Beitritt, wenn auch mittlerweile mit großer Zurückhaltung, erklärt mir ein Vertreter aus der Nachbargemeinde. Äußerungen von Regierungsmitgliedern - ausgerechnet aus Deutschland -, die den Austritt von Griechenland fordern oder auch nur als unproblematisch ansehen, werden hier als kontraproduktiv und unverantwortlich bezeichnet. "Kanzlerin Merkel werbe einerseits um Vertrauen in den Euro und spiele sich als oberste Währungshüterin auf,  anderseits verspiele sie selbiges Vertrauen leichtfertig zunächst durch ihre sehr zögerliche Haltung in Sachen Schutzschirm, anschließend durch  ihre Unfähigkeit in ihrer Regierungsmannschaft eine einheitliche Sprachregelung zu finden und ihre Mannschaft in ihre Schranken zu weisen", so der Bürgermeister. "Merkel sei letztlich nicht gut für den Euro, unter dem Einfluss der SPD sowie Steinbrück als Finanzminister sei das Vertrauen in den Euro durchaus groesser gewesen", so ein weiterer Gemeindevertreter. Fairerweise will ich hier aber erwähnen, dass die meisten Parteienvertreter in dieser Runde den Sozialdemokraten angehören, die in dieser Gegend zumeist die Mehrheit besitzen. Während ich hier also die Europolitik der deutschen Regierung - insbesondere die Haltung der SPD - vertrete, startet der deutsche Wirtschaftsminister den nächsten "Unwetterballon" Richtung Griechenland, was hier mit grossem Unverständnis für den Mann, dessen Namen hier unbekannt ist, wahrgenommen wird. Die Forderungen der SPD nach mehr Regulierung sowie mehr Transparenz im Bankensektor hält man auch hier in den Reihen der Kommunalpolitiker für unerlässlich, seien es ja gerade die Banken gewesen, die das Eurohaus so ins Wanken gebracht hätten. "Sollen die doch die Zeche bezahlen", so einer meiner Gesprächspartner.

Aber die Kommunalpolitiker an meinem Tisch kennen auch die Ängste und Nöte der Menschen in ihren Kommunen. Das Vertrauen in den Euro, das im Übrigen nie sonderlich hoch einzustufen war, hat stark gelitten und die Menschen fürchten sich vor noch stärkeren Einsparungen. Mit Sorge sieht man den grossen Reformprozessen entgegen, die in Prag angeschoben werden.

Zynisch wirkt in diesem Zusammenhang die Pressemeldung von Vertretern einer Volkspartei, die dem selbsternannten "Experten" Mueller geradezu unwidersprochen Raum gibt, solche Hasstiraden über den Euro und die Entwicklung des Euroraumes loszuwerden. Und auch das Verhalten der Mitglieder dieser Volkspartei gegenüber ihrer Vertreterin Lipps, die die Politik ihrer "Chefin" in Berlin zu vertreten versuchte, zeigt, wie europafern die Christdemokraten an der Basis tatsächlich einzustufen sind. Von solidarischer Gemeinschaft in einem Hause Europa, wo man diese Solidarität gegenüber allen "Familienmitgliedern" lebt - gerade gegenüber den vermeintlich schwächsten - ist bei den Christdemokraten nichts zu spüren.

Man sollte von Vertretern einer Volkspartei mehr Verantwortungsgefühl erwarten dürfen. Geradezu enttäuschend, dass man versäumt hat, Mueller energisch zu widersprechen und die Bürger aufzuklären. Bei allen Problemen, die es momentan in Bezug auf den Euro zu bewältigen gibt, haben gerade die demokratischen Parteien, auch ihre Vertreter an der Basis, die Pflicht, die Bürger darüber aufzuklären, wo Deutschland heute ohne den Euro wirtschaftlich wäre, wie wichtig gerade für  Deutschland der Euro ist. Stattdessen gibt man sich populistischen Stammtischthesen hin, um der eigenen Klientel nach dem Mund zu reden.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

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